Gestern Mittag SMSte Evelyn mich an, ob ich zur Kundgebung kommen würde. Nachmittags beim Ponyreiten mit meiner Tochter erfuhr ich dann am Telefon, dass es um eine Theaterpremiere in den Kammerspielen geht. „Ziemlich beste Freunde“, aufgeführt in einem Saal, den man als Rollstuhlfahrer nicht eigenständig erreichen kann. Im Elektrorollstuhl hat man keine Chance, ansonsten hat man die Wahl, wenn man sich tragen lässt, den einzigen vorhandenen Rollstuhlplatz zu besuchen.
Ich setzte mich auf meinen Roller und fuhr mit Kamera und Mikro hin. Ich fühlte mich wie der „Rolliwood-Reporter“. Ich filmte das Geschehen um meine Freundschaft und Solidarität zu Evelyn und „autonom leben“ auszudrücken. Das Ergebnis schnitt ich noch am Abend und lud es über Nacht hoch:
Ohne Kamera sprach ich noch mit Jürgen Hunke, dem millionschweren Mäzen, der sich das Treiben vor seiner Tür von einem Seiteneingang aus ansah. Er äußerte Verständnis für die Demo, verwies darauf, dass er vor 10 Jahren einen Fahrstuhl einbauen lassen wollte, aber das Denkmalschutzamt das untersagte. Kann man alles sicherlich recherchieren. Das interessanteste war das Angebot eine Vorstellung sogar extra für „die“ zu veranstalten. Ich habe kein Diktiergerät und möchte Herrn Hunke nicht zu nahe treten, aber sein Verständnis für Inklusion (überall alle dabei) übersteigt nicht den Durchschnitt. Immer wieder heisst es, warum wollen die behinderten Menschen gerade dieses Stück in diesem Theater sehen, es gibt doch andere Spielstätten, in denen es barrierefrei aufgeführt wird. Er verschwieg, dass dieses offenbar erst 2015 der Fall sein wird – so die Aussage von Evelyn Schön. Mein tiefer Wunsch wäre, dass die Kammerspiele GEMEINSAM mit autonom leben eine Position zu dem vorliegenden „Sachverhalt“ (mir fällt kein besseres Wort ein) entwickeln. Dass die Gespräche zumindest für die Zukunft eine positive Entwicklung im Rahmen des Möglichen nach sich ziehen. Deutlich wurde mir, dass es ein Gruppen/Lagerdenken gibt. „DIE“ wollen rein (und warum gerade jetzt und hier?) und „DIE“ lassen uns nicht rein (jetzt und hier und überall wo wir wollen und nicht können, weil uns die Inklusion das verspricht, es sogar zu unserem Recht macht). Auf beiden Seiten vergessen Menschen, die sich äußern, immer mal wieder dass es zu allererst um ein möglichst vielfältiges, so weit es geht gemeinsames – inklusives – Er-Leben geht. Und nicht darum, wer „Recht“ hat. Zumindest geht es mir nicht darum.
Auszug aus der Website von Jürgen Hunde zu den Kammerspielen: „Das „Theater der Menschlichkeit und Toleranz“, das Ida Ehre vorschwebte, feierte 1947 mit der Uraufführung von Wolfgang Borcherts „Draußen vor der Tür“ den ersten Riesenerfolg.“
Ich bin gespannt, wie Herr Hunke aus diesem Fingerzeig einer Reihe von Menschen „draußen vor seiner Tür“ einen weiteren Riesenerfolg machen wird!